Medikamente?!

Vielleicht seid ihr erst neu erkrankt - vielleicht aber auch schon länger und habt bereits einige Medikamente von eurem*eurer Kindergastroenterolog*in erhalten. Es ist gar nicht so einfach, da den Überblick zu behalten. Insgesamt ist das Ziel der Behandlung, dass die Entzündung kleiner wird und ihr keine Bauchschmerzen, Durchfälle oder andere Beschwerden mehr habt. Hierfür ist es wichtig, Medikamente regelmäßig einzunehmen. Du kannst dir dafür zum Beispiel im Handy eine Erinnerung einstellen, die dich an die Einnahme erinnert. Es ist wichtig, dass du die Medikamente auch dann noch einnimmst, wenn du keine Beschwerden mehr hast. Wenn es dir nicht besser geht, dann suche bitte noch einmal deine*n behandelnde*n Ärzt*in auf. Sei ganz ehrlich zu deinem*deiner Ärzt*in. Nimmst du mal die Medikamente aus irgendwelchen Gründen nicht, dann rede darüber. Es ist ganz klar, dass jede*r sich Gedanken macht, wichtig ist nur, nicht allein mit diesen Gedanken zu bleiben.

Zwei wichtige Medikamentengruppen sind die Steroide (Kortison-Präparate wie Prednison, Prednisolon und Budesonid) und 5-ASA-(Mesalazin)-Präparate (bekannt unter den Namen Salofalk®, Claversal®, Pentasa® usw.). Beide hemmen die Entzündungen der betroff enen Darmabschnitte. 5-ASAPräparate wirken allerdings bei Kindern und Jugendlichen, weil ihre Krankheitsaktivität durchschnittlich meist stärker ausgeprägt ist, nicht so gut wie bei Erwachsenen.

Mesalazin
Dieses Medikament für die Colitis wirkt lokal auf der Dickdarmschleimhaut. Die Substanz wird aus den Tabletten oder Pellets so zeitverzögert freigesetzt, dass es erst im unteren Dünndarm (Ileum) oder Dickdarm freigesetzt wird. Bei jungen Kindern ist der Darm deutlich kürzer, die Passagezeit durch den Darm beträgt die Hälfte der Zeit oder weniger. Einige der Mesalazin-Zubereitungen sind daher für junge Kinder nicht geeignet. Manche Kinder können keine Tabletten, manche auch nicht die kleinen Pellets schlucken. Die gängigen Mesalazin-Tabletten dürfen nicht gemörsert werden. Dann muss der*die Kindergastroenterolog*in auf z.B. Sulfasalazin (z.B. Azulfidine) zurückgreifen, das zerkleinert werden darf.

Budesonid
Dieses Medikament gilt als „topisches“ Steroid, das eine starke entzündungshemmende Wirkung auf die Darmschleimhaut entwickelt. Wie beim Mesalazin sollte die Freisetzung des Wirkstoffes am Ende des Dünndarms erfolgen, d. h. das Einsatzgebiet der Tabletten ist der Morbus Crohn mit Befall am Übergang vom Dünn- zum Dickdarm (Ileozökal). Nach Aufnahme aus dem Darm wird Budesonid beim Durchfluss durch die Leber dort schnell abgebaut, so dass die Steroidwirkung auf den restlichen Körper geringer ist und damit Nebenwirkungen seltener oder weniger ausgeprägt sind. Daher wird Budesonid gerne bei Kindern und Jugendlichen statt systemischer Steroide eingesetzt. Nun führt der Blutabfluss nur vom Dünn- und der ersten Hälfte des Dickdarms durch die Leber, während das Blut aus der letzten Kolonhälfte unter Umgehung der Leber in den Körperkreislauf geht. Das führt bei Gabe von Kortison- oder Budesonid-Einläufen zu einer großen Steroidbelastung des Körpers und damit zu mehr negativen Auswirkungen. Aber auch bei den Tabletten wird das Medikament bei Kindern wegen der schnelleren Darmpassage eventuell erst in der zweiten Dickdarmhälfte freigesetzt und kann so im Vergleich zu Erwachsenen mehr Nebenwirkungen hervorrufen. So fand sich bei Kindern und Jugendlichen sehr häufig und bereits nach wenigen Tagen ein Einfluss auf die Eigenproduktion von Kortisol. Daher muss die Therapie bei Kindern und Jugendlichen strenger überwacht werden als bei Erwachsenen und darf in keinem Fall über Monate fortgeführt werden.

Hinweis: Kortison-Präparate können, je nach Dosierung und Anwendungsdauer, unangenehme Nebenwirkungen zur Folge haben, wie z.B. Mondgesicht, Gewichtszunahme, Akne, Osteoporose (Knochenschwund) und, und, und. Anders ist dies beim Budesonid, das direkt im Darm wirkt und so den Körper weniger belastet. Hier sind unerwünschte Nebenwirkungen seltener. Allerdings ist Budesonid auch deutlich weniger wirksam als die übrigen Kortison-Präparate. Grundsätzlich sollte man sich und die Ärzt*innen immer fragen, ob Kortison wirklich notwendig ist. Denn nicht immer ist es das.

Arzneimittel, die dadurch wirken, dass sie das Immunsystem des Körpers unterdrücken, sogenannte „Immunsuppressiva“ wie Azathioprin (z.B. Imurek ® oder Azafalk®), 6-Mercaptopurin (z. B. Puri-Nethol® u.a.) oder Methotrexat (z. B. Lantarel® u.a.) werden zunehmend für die Langzeitbehandlung von CED eingesetzt. Sie werden vor allem dann angewendet, wenn die anderen Medikamente teils oder gar ganz versagen.

Wenn auch dies nicht zu einer Remission führt, werden sogenannte „Biologika“ wie Infliximab (z.B. Remicade®) oder Adalimumab (z.B. Humira®) eingesetzt. Weitere Medikamente sind in Erprobung oder bereits für Erwachsene zugelassen, aber noch nicht bei Kindern und Jugendlichen.

TNF-alpha-Antikörper wie Infliximab und Adalimumab

Diese sehr wirksamen Medikamente sind für Kinder mit Morbus Crohn ab dem sechsten Lebensjahr, Infliximab auch für Colitis ulcerosa zugelassen. Zunehmend werden diese Medikamente auch bei noch jüngeren Kindern außerhalb der offiziellen Zulassung eingesetzt. Die empfohlene Dosis bezieht sich dabei auf das Körpergewicht, z.B. werden 5 mg Infliximab pro Kilogramm Körpergewicht in einer Infusion gegeben. Nun ist aber nicht nur die Körperoberfläche, sondern auch die Darmoberfläche bei Kindern größer im Verhältnis zum Körpergewicht. Das wird in der Kinderheilkunde bei vielen Medikamenten berücksichtigt, d. h. die Medikamentendosis wird auf die Körperoberfläche bezogen oder eine höhere Dosis pro Kilogramm Körpergewicht wird für junge Kinder benötigt. Seit über fünf Jahren messen wir bei Kindern, die in unserer Ambulanz mit Infliximab behandelt werden, die Medikamentenspiegel, und haben gelernt, dass junge Kinder oder Kinder mit großflächiger Entzündung häufig sehr viel größere Mengen oder kürzere Abstände der Infusionen benötigen. Gäbe es keine Kontrollen und keine entsprechende Anpassung der Dosis, wären sehr viele Kinder untertherapiert.

Unter bestimmten Umständen kann eine Therapie auch mit einer speziellen Ernährung durchgeführt werden.

Ernährungstherapie